Anne König

„Kernkraftwerke weiterlaufen lassen“

Podiumsdiskussion zum Thema Energiekrise lockt 220 Teilnehmer an

Gescher. Königswege aus der aktuellen Energiekrise gibt es nicht. Aber der prominente Hauptredner bei der Podiumsdiskussion, zu der Stadt- und Kreis-CDU nach Gescher eingeladen hatten, zeigte Auswege auf, wie Bürgern und Unternehmern schnellstmöglich geholfen werden kann. Mehr Energie an den Markt bringen sei ein Ansatz, sagte Jens Spahn aus Ottenstein, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Er forderte, die drei verbliebenen Kernkraftwerke in Deutschland die nächsten zwei Winter laufen zu lassen. Parallel müsse man den Menschen Sicherheit bei den Preisen geben. Von der Ampelkoalition in Berlin mahnte Spahn Entscheidungen an. Rund 220 Teilnehmer aus dem Westmünsterland verfolgten die zweistündige Podiumsdiskussion im Saal Tenbrock – viele von ihnen nutzten die Gelegenheit, Sorgen zu formulieren und Fragen zu stellen.

Die hohen Gas- und Strompreise sind eine direkte Folge des Angriffskrieges auf die Ukraine, verschuldet von Putin. Wie drängend dieses Top-Thema sei, zeige die große Beteiligung, stellte der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Dominikus Bartusch fest. Rede und Antwort standen neben Spahn Anne König (MdB, Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz und Energie), Sven Schröer (Huesker Synthetic GmbH), Ursula Boes (Stadtwerke Gescher) und Stephan Mensing (Bäckerei Mensing OHG). Sie alle forderten rasches Handeln von der Politik.

„Wir gehen in einen schwierigen Winter“, sagte Spahn. Er erklärte, wie der Doppel-Ausstieg aus Atomenergie und Kohle zur Abhängigkeit vom günstigen Gas aus Russland geführt und das deutsche Geschäftsmodell begünstigt habe. Diese Energiepolitik sei „breiter gesellschaftlicher Konsens“ gewesen. In der jetzigen Situation sei offenkundig, was zu tun sei: Es gelte, das Energieangebot zu vergrößern, indem man Kernkraftwerke laufen lasse und Kohlekraftwerke wieder ans Netz bringe. Bürgern und Unternehmen lasse sich am besten durch Preissicherheit helfen. Hier favorisierte Spahn einen Preisdeckel für einen Grundbedarf bei Strom und Gas. Betriebe müsse zusätzlich durch Liquiditätshilfen eine Brücke gebaut werden.

Anne König holte die anderen Podiumsteilnehmer in die Diskussion und fragte, wie sie den Beginn der Krise erlebt hätten. Schröer verwies darauf, dass hohe Rohstoffpreise das erste Problem gewesen seien, danach die Energiekosten. Huesker zähle nicht zu den priorisierten Unternehmen und habe seinen Gasbedarf reduziert, müsse im Ernstfall auf Öl umstellen. Mensing bemängelte, dass das Bäckerhandwerk im Energiekostendämpfungsprogramm außen vor geblieben sei und beklagte bürokratische Hürden. Boes verwies auf die erschwerte Kommunikation mit Kunden, weil sich gesetzliche Vorgaben – Stichwort Gasumlage – immer wieder änderten. Der Gasverbrauch in Gescher sei im September etwa zehn Prozent niedriger gewesen als im Schnitt der Vorjahre.

Spahn und andere kritisierten, dass das jüngste Bund-Länder-Treffen keine Ergebnisse gebracht habe. Das verstärke Probleme und Unsicherheiten und habe negative wirtschaftliche Folgen. Der Wohlstand des Landes hänge auch von den Energiepreisen ab, so Spahn.

In der gut einstündigen Fragestunde wurden viele Aspekte angeschnitten: China-Abhängigkeit, Technologieoffenheit, Netzkapazitäten, Wasserstoff-Optionen, Freiland-Photovoltaik, Probleme landwirtschaftlicher Betriebe, CO2-Abscheidung, Blackout-Gefahr oder die Nutzbarkeit von E-Autos als Stromspeicher. Spahn prognostizierte „anstrengende zwanziger Jahre“, aber mit den richtigen Entscheidungen seien die Herausforderungen inklusive Wohlstandserhalt zu bewältigen.

 

Quelle: Jürgen Schroer